Streuobstwiesen waren früher in der Region allgegenwärtig und prägten das Landschaftsbild. Sie wurden gepflegt und das Obst zum Essen oder zur vielfältigen Verwertung, z.B. von Säften und Apfelwein, genutzt. Auch die Wiesen wurden regelmäßig gemäht oder von Nutztieren abgeweidet.
Heute sind die noch vorhandenen Bestände oft aufgegeben. Die Obstbäume sind vergreist und die Flächen wachsen mehr und mehr zu. Das ist nicht nur optisch, sondern vor allem auch für die Artenvielfalt ein Problem. Auf einer extensiv genutzten Streuobstwiese leben bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten. Dazu muss jedoch eine regelmäßige Pflege durch den Menschen erfolgen, damit die vielfältigen Strukturen nicht verloren gehen.
Eine Aufgabe des Landschaftspflegeverbands Kreis Bergstraße ist es, diese wertvollen Streuobst-Biotope durch Pflegemaßnahmen wieder herzustellen. Ab Oktober werden daher Entbuschungsmaßnahmen auf Streuobstwiesen auf der Gemarkung von Neckarsteinach in der Nähe von Kleingemünd durchgeführt. Die etwa 5 Hektar große Fläche befindet sich im FFH-Gebiet „Odenwald bei Hirschhorn“ und gleichzeitig Vogelschutzgebiet „Unteres Neckartal bei Hirschhorn“ und ist somit Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“.
Zusammen mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, dem Forstamt Beerfelden und der Stadt Neckarsteinach wurden Maßnahmen zur Aufwertung der Fläche festgelegt, die unter anderem verschiedenen geschützten Vogelarten wie dem Neuntöter, dem Mittelspecht und dem Gartenrotschwanz dienen sollen. Auch die größte Schlange Deutschlands, die Äskulapnatter, soll von den Maßnahmen profitieren. Diese Art ist stark gefährdet und kommt nur in einer Handvoll Gegenden in Deutschland vor – unter anderem im Neckartal und im südlichen Odenwald.
Alle Eigentümer sind mit der Pflege ihrer Flächen einverstanden, dies wurde im Vorfeld abgeklärt. Denn Maßnahmen durch den Landschaftspflegeverband sind immer freiwillig und können nicht gegen den Willen der Eigentümer durchgeführt werden. Ebenso wurden die örtlichen Jagdpächter und Naturschützer in das Projekt eingebunden.
Im ersten Schritt wird die Brombeerverbuschung zurückgedrängt und störender Gehölzaufwuchs entnommen. Wichtige Gehölze wie z.B. Weißdorn, Heckenrosen sowie wild aufgegangene Apfel- und Birnbäume werden dabei geschont. Die freigestellten Obstbäume erhalten Entlastungs- und Erhaltungsschnitte und die Misteln werden entfernt. So sollen die alten Obstbäume möglichst lange als Habitatbäume und damit wichtiger Lebensraum für unzählige Tiere weiter bestehen können.
Auch wenn das Fällen von Gehölzen und das Mulchen der Flächen auf den ersten Blick nicht so aussieht, als wäre es gut für die Natur, ist es jedoch ein notwendiger Schritt, um wieder ökologisch wertvolles Offenland zu entwickeln. Im Rahmen der Arbeiten wird auch Unrat wie zum Beispiel alte, eingewachsene Zäune von den Flächen entfernt.
Wichtig ist, dass die Flächen nach der Erstpflege zukünftig wieder regelmäßig gepflegt werden, damit ein erneutes Zuwachsen verhindert wird. Dies soll durch eine zweimalige Mahd oder durch eine Kombination aus Mahd und Beweidung erfolgen. Die Pflegemaßnahmen sollen von örtlichen Landwirten oder Dienstleistern durchgeführt werden. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt über Naturschutzmittel des Landes Hessen.
(Foto: Rene Hess / privat)